Rechtsanwalt Dr. jur. Ingo E. Fromm, Rechtsberater in Koblenz
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Mittwoch, 22.11.2023

Bußgeld wegen eines Rotlichtverstoßes gegen Fahrradfahrer



von
Dr. jur. Ingo E. Fromm
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Strafrecht
Fachanwalt für Verkehrsrecht

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Auch Radfahrer riskieren eine Geldbuße, wenn sie verkehrswidrig über eine rote Ampel fahren. Der Bußgeldkatalog sieht eine Geldbuße von 100 EUR vor, wenn die Rotphase bereits länger als eine Sekunde andauerte. Es liegt dann ein sog. qualifizierter Rotlichtverstoß vor, Nr. 132a.3 BKat. Hinzu kommt sogar ein Punkt in Flensburg. Bei Fahranfängern in der Probezeit würde hier ein Aufbauseminar drohen. Dieselbe Geldbuße droht übrigens auch bei einem Verstoß mit dem E-Scooter.

Lichtzeichenanlage zeigt wegen einer Funktionsstörung dauerhaft Rotlicht („Dauerrot“)

Das OLG Hamburg befasste sich in einem Beschl. v. 11.9.2023 (5 ORbs 25/23) damit, welche Folgen es hat, wenn ein Radfahrer glaubt, die Ampelanlage sei defekt. Eine Radfahrerin hatte zunächst ca. 5 Minuten vor der roten Ampel gewartet und ging danach davon aus, dass die Lichtzeichenanlage defekt sei, da die Ampel nicht umsprang. Dann überquerte sie die Kreuzung bei Rot. Zu einer Gefährdung der Betroffenen oder anderer Verkehrsteilnehmer war es dadurch nicht gekommen.

Dass die Ampel nicht umsprang, könnte daran gelegen haben, dass die Kontaktschleife, mit der die Bedarfslichtzeichenanlage ausgestattet war, durch Radfahrende überhaupt nicht ausgelöst werden konnte. Das OLG Hamburg führt in der interessanten Entscheidung aus, dass eine Wechsellichtzeichenanlage, die aufgrund einer technischen Funktionsstörung dauerhaft Rot zeige, ein nichtiger Verwaltungsakt und daher nicht zu befolgen sei. In diesem Falle könnte natürlich ein Radfahrer auch nicht mit einer Geldbuße bestraft werden.

Fehlerhafte Annahme, die Ampel sei defekt

Glaubt ein Radfahrer dagegen nur, eine Verkehrsampel sei defekt, so befindet er sich in einem „Tatbestandsirrtum“. Eine solche Fehlvorstellung ist auch angesichts der zumindest fünfminütigen rotlichtbedingten Wartezeit nachvollziehbar. In diesem Falle sei aber eine Verurteilung wegen eines fahrlässigen Rotlichtverstoßes möglich, so das OLG Hamburg, wenn z.B. die Kontaktschleife im Tatzeitpunkt doch durch Radfahrende ausgelöst werden konnte.

Die Rechtsprechung entschied bereits, dass erst nach einer angemessenen Wartezeit die Kreuzung trotzdem überquert werden darf. Drei Minuten reichen dafür jedoch nicht (OLG Hamm, NZV 2000, 52), man müsse über einen erheblich längeren Zeitraum die Ampel beobachten. Erst wenn auch dann noch das Rotlicht ununterbrochen leuchtet, kann bei Dauer-Rot nur von einem Funktionsfehler ausgegangen werden. 

 Keine Verpflichtung, Ampel als Fußgänger zu überqueren

Die Radfahrerin ist übrigens in dieser Konstellation nicht verpflichtet, abzusteigen und die Kreuzung mithilfe einer auf der rechten Seite befindlichen und mit einem Anfrageknopf ausgestatteten Fußgängerbedarfsampel zu überqueren. Die Betroffene habe nicht als Fußgängerin, sondern als Radfahrerin am Verkehr teilgenommen.

Sollte gegen Sie wegen eines angeblichen Rotlichtverstoßes ein Bußgeldverfahren eingeleitet werden, so sollten Sie unbedingt die Hilfe eines verkehrsrechtlich spezialisierten Rechtsanwalts in Anspruch nehmen.

Die Ausführungen stellen erste Informationen dar, die zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung aktuell waren. Die Rechtslage kann sich seitdem geändert haben. Zudem können die Ausführungen eine individuelle Beratung zu einem konkreten Sachverhalt nicht ersetzen. Bitte nehmen Sie dazu Kontakt mit uns auf.


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