Rechtsanwältin Dorothea Wagner, Rechtsberater in Koblenz
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Samstag, 01.11.2014

Absicherung des Patientenwillens



von
Dorothea Wagner
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Medizinrecht

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1. Voraussetzung der Behandlung

  • Indikation und
  • Einwilligung des Patienten
    • Die Einwilligung ist nur wirksam, wenn der Patient einwilligungsfähig ist und vor der Untersuchung und Behandlung aufgeklärt.

2. Zweck der Patientenverfügung

  •  Vorsorge für den Fall, dass aus gesundheitlichen Gründen weder eine Einwilligung in eine vorgeschlagene medizinische Maßnahme erteilt noch verweigert werden kann.

3. Was passiert wenn keine wirksame Patientenverfügung vorliegt?

  •  Notfallbehandlung: Mutmaßlicher Wille
    •  Entscheidung für das Leben
  • Keine Notfallbehandlung:
    • Abwarten bis der Patient einen Vertreter hat (Bevollmächtigter oder Betreuer)
  • Vertreter: Mutmaßlicher Wille
    • Konkrete schriftliche und mündliche Äußerungen
    • ethische und religiöse Überzeugungen
    • Wertvorstellungen des Patienten

4. Was ist eine Patientenverfügung?

  • „Jetzt-für-viel-später-Festlegung“ eines volljährigen Einwilligungsfähigen in
    • Untersuchungen und Heilbehandlungen
    • medizinische Eingriffe
  • Die medizinischen Maßnahmen dürfen nicht unmittelbar bevorstehen
  • Adressat:
    • Ärzte und Pflegepersonal,
    • Vertreter des Patienten,
    • Betreuungsgericht

5. Bestimmtheit der Erklärung
„ Wenn ich…., dann….“

  • Genaue Beschreibung der Situation in der die Patientenverfügung gelten soll.
    • Bsp. Wenn ich mich nach Einschätzung zweier erfahrener Fachärzte aller Wahrscheinlichkeit nach im Endstadium einer unheilbaren, tödlich verlaufenden Krankheit befinde, selbst wenn der Sterbeprozess noch nicht eingesetzt hat, (…)
    • Wenn ich unter einer schwersten dauerhaften (wie lange?) Gehirnschädigung, die meine Einsichtsfähigkeit, Entscheidungsfähigkeit, Kommunikation voraussichtlich dauerhaft ausschließt, leide, (…)
  • Klare Handlungsanweisung.
    • ! Nicht ausreichend:
        (…), dann wünsche ich „würdevoll sterben“, „friedvoll sterben“, „keine lebensverlängernden Maßnahmen“
    • ! Richtig:
        Dann, in der beschriebenen Situation wünsche ich, dass Hunger und Durst nur auf natürliche Weise gestillt werden. Ich wünsche keine künstliche Ernährung unabhängig von der Form der Zuführung (z.B. über Magensonde, Vene)

6. Grenzen der Patientenverfügung

  • Medizinische Indikation
  • Gesetzliche Vorschriften
    • ! Unzulässig Verlangen nach aktiver Sterbehilfe
      • Wunsch nach einer tödlichen Spritze
    • ! Zulässig Verlangen nach indirekter Sterbehilfe
      •  Wunsch Schmerztherapie, deren unvermeidbare Unbeabsichtigte Nebenwirkung die Lebensverkürzung ist (z.B. Morphin im Endstadium einer Krebserkrankung)
    • ! Zulässig Wunsch nach passiver Sterbehilfe
      •  Der Verzicht auf lebensverlängernde Maßnahmen
        Bsp.: künstliche Ernährung, Beatmung

7. Fragen die man sich stellen muss

  • Welche persönlichen Wertvorstellungen, evtl. ethischen oder religiösen Überzeugungen habe ich?
  • Habe ich diese verständlich beschrieben, so dass Dritte, die mich nicht kennen, sich in mich hineinversetzen können?
  • Was wünsche ich für mich, was keinesfalls?
  •  Habe ich meine Wünsche eindeutig gemacht?
  •  ! Wenn Formulare verwandt werden nicht nur ankreuzen, das lässt Zweifel an der Ernsthaftigkeit aufkommen. Musterformulare müssen nach September 2009 veröffentlicht sein

8. Formerforderniss

  • Schriftlich (handschriftlich oder ausdrucken)
  •  Eigenhändig unterschrieben durch einwilligungsfähigen Volljährigen
    - ! Nur die Unterschrift muss eigenhändig sein
  •  Ort und Datum nicht erforderlich
    ! Aber zu empfehlen
  •  Notar nicht zu empfehlen
  •  Aktualisieren nicht erforderlich
    ! Aber zu empfehlen
  • Die Wirksamkeit hängt nicht von einer vorherigen ärztlichen Beratung ab.
    ! Aber zu empfehlen 

9. Ist eine Patientenverfügung verbindlich?

 Ja, wenn:

  • Zwischen Einwilligung/Untersagung und der konkreten medizinischen Maßnahme inhaltliche Übereinstimmung besteht.
  • Sie auf die aktuelle Lebenssituation/Behandlungssituation zutrifft. 
    ! Ein Betreuer oder ein Vorsorgebevollmächtigter prüft, ob die Festlegungen auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zutreffen. 

10. Checkliste Patientenverfügung

  • Bezeichnung als „Patientenverfügung“
  •  Wer ist Aussteller, genaue persönliche Daten
  •  Angaben zu Ort und Datum
  •  Mitteilung der persönlichen Lebenssituation und Wertvorstellungen
  •  Klare Schilderung in welcher Situation die Verfügung gelten soll
  •  Klare Angaben welche medizinischen Maßnahmen gewollt sind und welche nicht
  •  Hinweis auf Vorsorgevollmachten

11. Kann man eine Patientenverfügung widerrufen

  • Solange der Verfasser entscheidungsfähig ist, jederzeit widerruflich
  • Der Widerruf bedarf keiner Schriftform! Mündlich oder durch ein Verhalten, dass den Widerruf erkennen lässt ausreichend
    - Bsp. Zerreißen der Urkunde, Streichungen im Test
  •  ! Solange keine Anhaltspunkte für einen Widerruf vorliegen, gilt die Verfügung weiter

12. Empfehlungen zur Auffindbarkeit

  • Das Original zu Hause aufbewahren, 
    - Mindestens eine Abschrift bei einer schnell erreichbaren Vertrauensperson
  • Informieren Sie über die Patientenverfügung
    - und wo sie zu finden ist
  • Hinweis im Geldbeutel
    - Nennen Sie die Personen, die Zugriff haben, mit Telefonnummer
  •  Nur in Verbindung mit einer Vorsorgevollmacht oder Betreuungsverfügung, kann im Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer (www.vorsorgeregister.de) ein Hinweis gespeichert werden

13. Ist Vorsorgevollmacht sinnvoll?

  •  Niemand - auch nicht die nächsten Angehörigen - darf Ihre Geschäfte führen, wenn Sie nicht mehr handlungs- und einwilligungsfähig sind
  •  Mit einer Vorsorgevollmacht entscheiden Sie selbst in persönlichen und vermögensrechtlichen Angelegenheiten, wer Sie vertreten soll und worin

14. Alternative: Betreuung

  •  Kann ein Volljähriger seine Angelegenheiten nicht mehr besorgen und hat er keine Vorsorgevollmacht erteilt, so bestellt das Gericht einen Betreuer
  •  Das Gericht legt den Aufgabenkreis des Betreuers fest
    - Vermögenssorge, Gesundheitssorge, Aufenthaltsbestimmung, Entscheidung über unterbringungsähnliche Maßnahmen, Entgegennahme und Öffnen der Post, etc.
  •  Im Rahmen der Aufgabenkreise ist der Betreuer der gesetzliche Vertreter des Betreuten

15. Unterschiede

  • Die Vorsorgevollmacht greift sofort ein
    - Bis Betreuungsbeschluss vorliegt, vergeht Zeit
  •  Bevollmächtigte können/müssen nicht vertreten
    - Der Betreuer ist zur Betreuung verpflichtet
  •  Vollmacht kann jederzeit widerrufen werden
    - Ein Betreuerwechsel ist schwierig
  •  Bevollmächtigte unterliegen idR keiner gerichtlichen Kontrolle
    - Der Betreuer ist verpflichtet, dem Gericht regelmäßig Bericht zu erstatten

16. Sonderfall Freiheitsentziehung

  • Freiheitsentziehende Maßnahmen (Bettgitter, ruhigstellende Medikamente u.ä.)
    während des Aufenthalts im Krankenhaus, Heim „sonstiger Einrichtung“ und
  •  Freiheitsentziehende Unterbringung
  •  ! Bedürfen immer einer gerichtlichen Genehmigung
  • Das gilt für den Betreuer wie für den Vorsorgebevollmächtigten gleichermaßen


17. Tipps zur Vorsorgevollmacht

  •  Schriftliche Vollmacht erteilen
  • Aufgabenkreise der Vollmacht genau festlegen
  • Einzelvollmacht
    - in Verbindung mit Recht zur Untervollmacht
  • Zusätzlich Bankvollmacht und Postvollmacht mit den dortigen Formularen
  •  ! Notarielle Beurkundung in Ausnahmefällen erforderlich, z.B. bei Immobiliengeschäften
  •  Klausel:
    - „Bevollmächtigte muss Originalvollmacht präsentieren
  • Originalvollmacht sicher aufbewahren
  • ! Die Vollmacht wirkt bis zum Widerruf

18. Was ist eine Betreuungsverfügung?
      Ist sie sinnvoll?

  • Vorsorgliche Regelung für den Fall der gerichtlichen Anordnung einer Betreuung
    Information des Gerichts über gewünschte
    •  Person des Betreuers oder wer soll keinesfalls zum Betreuer bestellt werden
    • Welche Aufgabenkreise soll der Betreuer haben, welche nicht
    • Wünsche hinsichtlich der persönlichen Lebensgestaltung während der Betreuung
      Bsp. Keine Unterbringung im Heim X

19. Empfehlung

  • Verfassen Sie eine Patientenverfügung,
    Vorsorgevollmacht und
    Betreuungsverfügung
  •  Bewahren Sie diese zusammen mit ihren persönlichen Unterlagen zu Hause auf
  • Weisen Sie Arzt und Angehörige darauf hin
  •  Geben Sie eine Abschrift an Vertrauenspersonen
  • Führen Sie einen Hinweis, z.B. in der Geldbörse mit oder lassen sie diesen im Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer vermerken

20. Empfehlung an Angehörige, Bevollmächtigte und Betreuer

  •  Vergewissern Sie sich, ob eine schriftliche, wirksame Patientenverfügung vorliegt, ob eine Vorsorgevollmacht oder Betreuungsverfügung existiert, wo ist der Aufbewahrungsort
  • ! Wenn Sie erfahren, dass ein Betreuungsverfahren eingeleitet wird:
    • Unterlagen unverzüglich bei dem Betreuungsgericht vorlegen
    • Auch wenn Sie nicht zum Betreuer bestellt sind, führen Sie immer Buch!
      (Einnahmen/Ausgaben/Verwendungszweck)

Die Ausführungen stellen erste Informationen dar, die zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung aktuell waren. Die Rechtslage kann sich seitdem geändert haben. Zudem können die Ausführungen eine individuelle Beratung zu einem konkreten Sachverhalt nicht ersetzen. Bitte nehmen Sie dazu Kontakt mit uns auf.


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