Rechtsanwalt Dr. jur. Ingo E. Fromm, Rechtsberater in Koblenz
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Dienstag, 16.01.2024

Bauernproteste und Verkehrsstrafrecht



von
Dr. jur. Ingo E. Fromm
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Strafrecht
Fachanwalt für Verkehrsrecht

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Die massiven Proteste der Landwirte auf deutschen Straßen vor allem im Jahre 2024 gegen den Wegfall der Agrardiesel-Subvention haben auch eine verkehrsstrafrechtliche Komponente. Zwar sind Demonstrationen grundsätzlich durch das Grundgesetz gedeckt, die Versammlungsfreiheit nach Art. 8 GG ist eines der wichtigsten Grundrechte für die Demokratie.

Nötigung im Straßenverkehr gem. § 240 StGB

Jedoch wird nicht jegliche Protestaktion durch das Grundgesetz geschützt. Werden etwa Straßen blockiert, so kann darin eine Nötigung im Straßenverkehr gem. § 240 StGB der beteiligten Landwirte liegen. Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einem Handeln, Dulden oder Unterlassen nötigt, macht sich nach § 240 I StGB strafbar.

Versammlungsfreiheit nach Art. 8 GG

Allerdings müsste eine Nötigung auch verwerflich sein. Die Nötigung ist danach nicht verwerflich, wenn die Versammlungsfreiheit aus Art. 8 GG das Verhalten rechtfertigt. Selbst bei Blockaden von Autobahnauffahrten können sich Bauern unter Umständen auf die Versammlungsfreiheit berufen, vorausgesetzt, eine Versammlung auf den Autobahnzu- und abfahrten mit Traktoren wurde (rechtzeitig) angemeldet.

Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg entschied in einem Eilverfahren (Beschl. v. 6.1.2024 – OVG 1 S 3/24), dass die Bauern die Autobahnzufahrten auch stundenlang blockieren dürften. Auch in Brandenburg gab es zunächst eine Intervall-Vorgabe. Danach waren die „alle 30 Minuten für jeweils 30 Minuten freizugeben“. Gegen diese Auflage klagte der Bauernverband jedoch mit Erfolg. Allerdings müssten insbesondere Einsatzfahrzeugen der Polizei, der Feuerwehr, des Rettungsdienstes, von Abschleppunternehmen und der Straßenmeisterei die Durchfahrt ermöglicht werden. Autofahrer müssten nicht unbedingt die Autobahn benutzen und könnten ihr Ziel auch auf anderen Straßen erreichen. Ein strafrechtliches Nachspiel ist in diesen Fällen für die Demonstrationsteilnehmer nicht zu befürchten, auch wenn derartige Protestaktionen zu kilometerlangen Staus und massiven Verkehrsbehinderungen führen. Dabei wurden auch gegen Autofahrer, die die Blockaden umfahren wollten und dabei Demonstrationsteilnehmer angefahren hatten, Strafverfahren eingeleitet. Außerdem riskiert der Versammlungsleiter eine Strafbarkeit nach dem Versammlungsgesetz, wenn gegen erteilte Auflagen verstoßen wird.

Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr gem. § 315b StGB

Andere Formen des Protests sind Blockaden von Straßen mit Misthaufen oder auch brennende Stroh- oder Heuballen. Landwirte, die dafür verantwortlich sind, riskieren eine Bestrafung wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr gem. § 315b StGB. Vor allem auf Bundesautobahnen sind diese Hindernisse für Verkehrsteilnehmer sehr gefährlich. Der Straftatbestand des § 315b StGB stellt ein massives Verkehrsdelikt dar und keineswegs eine Bagatelle, zumal auch eine Entziehung der Fahrerlaubnis gem. § 69 StGB droht. In der weiteren Folge der polizeilichen Präsenz kann es bei Konflikten mit Landwirten weiter zur Einleitung von Strafverfahren wegen Widerstandshandlungen gegen Vollstreckungsbeamte kommen (§ 113 StGB), z.B. wenn Demonstranten Polizeiabsperrungen durchbrechen.

Benutzung von Autobahnen durch Traktoren

Autobahnen dürfen nach § 18 I StVO nur von Kraftfahrzeugen benutzt werden, deren durch die Bauart bestimmte Höchstgeschwindigkeit mehr als 60 km/h beträgt. Traktoren sind daher im Normalfall auf deutschen Autobahnen nicht erlaubt. Wer sie dennoch benutzt, riskiert bei unangemeldeten Demonstrationen ein Verwarnungsgeld von 20 €, Nr. 78 BKat.

Wird ein Straf- oder Bußgeldverfahren gegen Sie eingeleitet, so sollte unbedingt die Hilfe eines verkehrsrechtlich spezialisierten Rechtsanwalts in Anspruch genommen werden.

Die Ausführungen stellen erste Informationen dar, die zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung aktuell waren. Die Rechtslage kann sich seitdem geändert haben. Zudem können die Ausführungen eine individuelle Beratung zu einem konkreten Sachverhalt nicht ersetzen. Bitte nehmen Sie dazu Kontakt mit uns auf.


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